Spotlight: Frau Vizepräsidentin Kriz, unser Gespräch findet kurz nach dem Equal Pay Day statt. Er thematisiert die Behauptung, dass das Einkommen (nicht nur) der österreichischen Frauen erheblich geringer sei als das der Männer. Worauf führen Sie das zurück?
KommR M. Kriz: Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben versucht man in unseren Betrieben, wenn es solche nicht erklärbare Unterschiede gibt, diese abzustellen. Vergleichbare Arbeit muss, unabhängig vom Geschlecht, gleich bezahlt werden. Der Teufel sitzt häufig im Detail, was die Vergleichbarkeit anbelangt. Ein fortschrittlicher Unternehmer wird schon im eigenen Interesse danach trachten seine Mitarbeiter gerecht zu entlohnen. Und zwar unabhängig vom Geschlecht.
Ein anderer Grund für die finanziellen Differenzen ist die unterschiedliche Berufswahl der Geschlechter in nieder- bzw. hochbezahlten Tätigkeiten und Branchen. Österreich macht in dieser Hinsicht Fortschritte, aber wir sind noch lange nicht am Ziel.
Was sind Ihrer Meinung nach die Ursachen?
KommR M. Kriz: Einmal sind es die alten Rollenbilder. Püppchen für die Mädchen, Autos für die Buben. Am meisten angestrebte Lehrberufe sind demzufolge Friseurin und Automechaniker. Immer noch.
Auf Akademikerebene finden wir teilweise schon einen Überhang von Frauen. Leider nicht in den MINT-Fächern.
Der Bildungsgleichstand (also die jeweils höchste erreichte Ausbildungsstufe) ist nicht das Problem.
Eher ist es schon die Frage, wie mit dem Gebrauch des erworbenen Wissens umgegangen wird und wie durchsetzungsfähig die praktische Umsetzung in den beruflichen Erfolg aussieht. Fußballfans würden vom „Zug zum Tor“ sprechen.
Man kann es also nicht den Männernetzwerken umhängen, wenn ein gut bezahlter Technikerposten nicht an eine Frau geht, weil es einfach keine weiblichen Bewerber gibt?
KommR M. Kriz: Das ist jetzt schon sehr polemisch.
Nein, das kann man nicht. (lacht) Aber die Fälle, in denen Männer gern unter sich sind, soll es angeblich auch geben.
Allerdings sehe ich gerade jetzt die große Chance für junge Frauen, in die angeblich typischen Männerberufe einzubrechen. An allen Ecken und Enden fehlt es an Fachkräften. Viele Unternehmen, die sich für einen bestimmten Arbeitsplatz nur einen Mann vorstellen konnten, müssen umdenken. Ich behaupte die österreichische Wirtschaft braucht die Frauen als Rettung in dieser Zeit des Fachkräftemangels mehr denn je. Man wird überrascht sein, wie gut ein solcher turn-around funktionieren wird.
Sie sind auch Präsidentin der Wiener „Frau in der Wirtschaft“.
Das hört sich stark nach einer Anhäufung rühriger Frau an.
KommR M. Kriz: Es ist ein Netzwerk von Unternehmerinnen, das sich schon seit 25 Jahren bemüht den heute über 50.000 Frauen in Wien, die unternehmerisch tätig sind, Stütze zu sein und in allen Bereichen der Wirtschaft zu helfen, eine den Männern ebenbürtige Rolle zu spielen.
Wir wollen doch festhalten, dass es grundsätzlich für Männer und Frauen eine gleich große Herausforderung ist, sich in der Wirtschaft zu bewähren. Wenn es im Markt eine Chance gibt, ist sie prinzipiell für beide Geschlechter offen.
„Frau in der Wirtschaft“ hat es sich zur Aufgabe gemacht Frauen zu beraten, zu informieren, für sie zu lobbyieren und sie durch das Beispiel erfolgreicher Unternehmerinnen zu ermutigen.
„Der Verstand hat kein Geschlecht“ Dieser Satz wurde immerhin schon vor 350 Jahren von dem französischen Philosophen Poullain de la Barre in seiner Abhandlung über die beiden Geschlechter geschrieben.
KommR M. Kriz: Völlig richtig. Aber gleichwertig zu sein, bedeutet nicht Probleme gleich einzuschätzen, gleich darauf zu reagieren und gleich zu handeln. Mittlerweile ist klar erkennbar, dass der weibliche Einfluss in Politik und Wirtschaft von vielen Menschen gewünscht und geschätzt wird. Allerdings beobachten wir, dass nicht wenige Frauen, auch mit guter Ausbildung, eher grundlos an ihren eigenen Fähigkeiten zweifeln. Daher ist es gut und richtig ihnen durch Beratung und eventuell auch Mentoring Mut zu machen und ihnen über diese von ihnen selbst errichtete Hürde zu helfen. Man sollte nie aus den Augen verlieren, dass jeder fähige Mensch, der sein Talent zur Verfügung stellt, ein Gewinn ist für die Volkswirtschaft und die Gesellschaft.
Frau Vizepräsidentin, ich danke für das Gespräch.
©walterkrammer(wct) |