Alles gut, Ziel erreicht
Für die meisten Berufstätigen sind der 60. und der 65. Geburtstag jeweils ein Markstein, was die individuellen Lebensumstände betrifft. Es ist der Zeitpunkt zu dem Frauen und Männer das gesetzliche Pensionsantrittsalter erreichen.
Zurzeit sind zwei Themen umkämpft, deren Umsetzung das Privat- und Berufsleben wesentlich beeinflussen wird. Darüber hinaus stehen sie auch in einer wechselseitigen Abhängigkeit voneinander.
Einerseits erwacht das Interesse an einer tiefgreifenden Arbeitszeitreduktion, bezogen auf die wöchentliche Regelarbeitszeit, andererseits geht es um die Frage, bis zu welchem Alter jemand arbeiten kann, muss, soll und ob das alles dem Einzelnen überlassen sein soll.
Work-Life-Balance
Wenn Sie die einschlägigen Zeitungsartikel lesen oder Talkshows verfolgen, wird Ihnen der Umfang der Betroffenenzahlen rasch klar. Gravierender ist allerdings, dass Menschen beiderlei Geschlechts in völlig unterschiedlichen Umständen leben, jung oder alt sein können, mit verschiedensten beruflichen oder privaten Belastungen zu kämpfen haben, über mehr oder minder leistungsfähige Einkommen verfügen, in der Stadt oder auf dem Land leben, ein geringes oder hochspezialisiertes Ausbildungsniveau erreicht haben, in der Privatwirtschaft tätig sind oder im Bereich der öffentlichen Hand. Und das ist nur ein Teil der relevanten Kriterien.
Das Für und Wider bezüglich der Wochenarbeitszeit wird so schnell nicht enden und bringt durchaus pikante Ideen hervor . Z.B. jenen, die ihr ganzes Leben nur 30 Stunden wöchentlich arbeiten, ein weit späteres Pensionsantrittsalter zu verpassen. Vermutlich, weil sie sich im Laufe ihres Lebens weniger abgenützt haben.
Das Leben verschiedener Menschen verläuft vielleicht ähnlich, aber sicher nie absolut gleich. Das versteht jeder und die meisten von uns werden diesen Umstand auch begrüßen, weil damit wenigstens die Chance besteht, unter Umständen eine bessere Version als die anderen zu erwischen. Für den sich mit Kraft verbreitenden Gerechtigkeitsanspruch ist das ein unerwünschtes Szenarium.
Fest steht m.E., dass man (wenn man nicht von schwerwiegenden Hemmnissen betroffen ist) in gewissem Umfang sein Berufsleben erleiden, hinnehmen oder gestalten kann. Dieser unleugbare Umstand beeinflusst auch die Erfolgsaussichten, am Ende auf das eigene Dasein zufrieden zurückblicken zu können.
Nun aber zurück zur Altersarbeit.
Wobei wir immer von bezahlter Arbeit sprechen. Für unbezahlte Arbeit, die meist noch immer von Frauen erbracht wird, gibt es – und das wird niemanden überraschen – ohnedies keine Altersgrenzen.
Die Experten sagen, dass Arbeitsfähigkeit und Arbeitswille älterer Menschen von Vorteil für die Gesellschaft sind, aber auch für sie selbst. „Altersarbeiter“ bezahlen Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Außerdem bringen sie unbestritten ihre berufliche und allgemeine Lebenserfahrung ein. Man wird davon ausgehen können, dass die Mehrheit der angeblich 70.000 Altersarbeiter gern tun, was sie tun.
Erwartungsgemäß lässt sich die Frage, wer in seinem Leben „genug“ gearbeitet hat, nicht generell beantworten. Natürlich war es zu Zeiten, als die am weitesten verbreitete Art der Arbeit die körperliche war, eines der großen Ziele der Gewerkschaften sowohl die Wochen- wie auch die Lebensarbeitszeit zu reduzieren. Viele konnten ihre „Rente“ nur 1-2 Jahre genießen, bevor sie starben.
Für Selbständige ist das Arbeiten über das Arbeitsantrittsalter hinaus nicht pensionsschädigend, wenn sie die erforderlichen Versicherungsmonate aufweisen. In manchen Handelsagentenverträgen steht allerdings, dass der Vertrag automatisch endet mit Erreichen des gesetzlichen Pensionsantrittsalters.
Der Gesetzgeber wird bei der Behandlung der gesamten Materie der Wochen- und Lebensarbeitszeit mit großer Vor- und Umsicht ans Werk gehen müssen. Nicht zuletzt, weil die unterschiedlichen individuellen Ansprüche und die widersprüchlichen gesellschaftlichen Vorstellungen unter einen Hut zu bringen sein werden.
©walterkrammer(wct)