Nr. 82 – Wenn der Prüfer 2x klingelt

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

Generell lässt sich nicht sagen, wie sich die Stimmung wandelt, wenn sich der freundliche Anrufer als Betriebsprüfer der Finanzverwaltung herausstellt, der in 2-3 Wochen mit einer Prüfung beginnen will. Ungetrübte Freude wird wahrscheinlich nicht ausbrechen. Fahrige Hektik ist aber auch nicht am Platz. Am Donnerstag, 13. April – Beginn 14:00, wird Mag. René Essmeister in seinem diesbezüglichen Seminar flatternde Unternehmernerven auf den Boden der Wirklichkeit zurückholen. Nachstehend ein kleiner Vorgeschmack.

Essmeister 2023

Spotlight:  Sie fungierten mehrere Jahre als Betriebsprüfer, Ihre Eltern sind Unternehmer. Ist der Betriebsprüfer der Feind?

Mag. Essmeister: Unter normalen Umständen wird das niemand so empfinden. Unser Gemeinwesen kann ohne Geld nicht funktionieren. Jeder muss nach angemessenen Möglichkeiten dazu beitragen. Dazu gibt es Regeln. Die Prüfungen sollen sicherstellen, dass sich niemand auf unrechtmäßige Weise seinen Verpflichtungen entzieht. Das ist keine Feindseligkeit des Staates, sondern die Vollziehung von Gesetzen, die auf demokratischem Weg zustande gekommen sind. Es bejubelt ja auch niemand die Schwarzfahrer in der Straßenbahn.

Woher kommt dann das ungute Gefühl der zu prüfenden Unternehmer?

M.E.: Ich glaube, es liegt am großen Zeitabstand zwischen den Prüfungen und dass die Aufzeichnungspflicht nicht immer im zentralen Fokus der Unternehmer liegt. Sie wird als notwendig und verpflichtend akzeptiert, ist aber nicht der Mittelpunkt unternehmerischen Handelns. Dazu kommt, dass kaum jemand im Detail die sich ständig ändernden Vorschriften verfolgt. Denken Sie ans Autofahren und die Straßenverkehrsordnung. Es gab einen Zeitpunkt, da war das Wunschziel die Steuerklärung, die „auf einem Bierdeckel“ Platz haben sollte. Dieser Wunsch nach unkomplizierter Einfachheit blieb allerdings unerfüllt.

Wie kommt man in den „Genuss“ einer Prüfung?

M.E.: Zu etwa 50% durch (auch anonyme) Hinweise an die Finanzverwaltung. Als Quellen stellen sich nicht selten Konkurrenzunternehmen oder revanchelüsterne Expartner aus dem beruflichen bzw. privaten Umfeld heraus.  Ebenso kommen Betriebsprüfungen bei Geschäftspartnern als Auslöser infrage, die dann die Behörde einer vermeintlichen Spur nachgehen lassen. Manchmal machen statistische Abweichungen in der Datenerfassung der Finanzverwaltung, stark schwankende Umsatz- bzw. Betriebsergebnisse oder fehlerhafte Steuererklärungen auf Ihr Unternehmen aufmerksam.  Vielleicht ist es aber nur der zeitliche Abstand zur letzten Prüfung oder eine Zufallsziehung aus dem Pool steuerpflichtiger Unternehmen, um die Anzahl der Prüfungen zu komplettieren. Ziel der Prüfung ist es, die Einnahmen des Staates gesetzeskonform zu mehren.

Es geschieht dann was, wann, wo?

M.E.: Grundsätzlich können alle Steuerarten geprüft werden, die im Betrieb bedient werden müssen, eventuell auch die Berechtigung zum Bezug einer Förderung oder staatlichen Ausgleichszahlung. Meist geschieht das für einen Zeitraum von 3 – 5 Jahren. Start ist 2-3 Wochen nach Ankündigung der Steuerprüfung durch den Betriebsprüfer.

Ort ist am besten das Büro des Steuerberaters. Der ist auf Prüfungen eingerichtet, hat alle Unterlagen des Betriebs vorliegen und es stehen einander zwei fachlich ebenbürtige Instanzen gegenüber für alles, was besprochen werden muss. Auch die tüchtigste Handelsagentin muss nicht Expertin im Steuerrecht und dessen Auslegung sein.Wenn kein Steuerberater engagiert ist, kann man das in den verbleibenden 14 Tagen nachholen oder zumindest eine passende „Unterkunft“ für den Prüfer während der Nachschau suchen.

Wenn Sie daheim ein Arbeitszimmer betreiben, wollen weder Sie noch der Prüfer – und es ist auch nicht ratsam -, dass die Durchleuchtung Ihres Unternehmens im Wohnzimmer oder dem Bügelkabinett erfolgt.

Welche Unterlagen muss man freiwillig beistellen?

M.E.: Nichts Privates, aber alle betriebsrelevanten Unterlagen. Bedenken Sie auch, dass dem Prüfer alle Informationen bezüglich Ihrer Sozialversicherung oder Ihrer Bankkonten ohnedies zugänglich sind. Allerdings soll man nicht grundlos Randthemen auf dem Silbertablett servieren.

Hinsichtlich des Zustands Ihrer Aufzeichnungen ist „übersichtlich, präzise, geordnet und vollständig“ ein Zeichen Ihrer Zuverlässigkeit. Achtung: der Prüfer ist nicht verpflichtet einen wirren Zettelhaufen durchzuarbeiten, der ihm als Buchhaltung präsentiert wird. In diesem Fall besteht die Gefahr, dass das Unternehmen einfach ohne weitere Überprüfung „geschätzt“ wird. Man kann davon ausgehen, dass das Ergebnis nicht zum Vorteil des Unternehmers ausfällt.

Wie läuft die Prüfung ab?

M.E.: Sie beginnt offiziell mit der Unterschrift unter den Prüfungsauftrag und endet genauso mit Unterfertigung des Protokolls. Während der Prüfung kann es Fragen des Prüfers geben.

Spotlight dankt.

©walterkrammer(wct)

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