Der Vergleich lautet: wo immer ein Sitzplatz frei wird, nützt der Schnellste die Gelegenheit sich hinzusetzen. Erinnert Sie das nicht an das Marktgeschehen in Ihrer Branche? Wenn allerdings ein ganzer Waggon abgehängt wird, müssen alle aussteigen und alle Plätze sind ersatzlos gestrichen. Auch das ist der Markt.
Die europäische Industrie und das Großgewerbe sind über den Status des Grübelns hinaus. Die Wellen gehen hoch.
Die zum Sparen gezwungenen europäischen Staaten werden sich für einige Zeit nur mehr das Dringendste leisten können. Der Konjunkturmotor Öffentliche Hand gerät überall ins Stottern. Nicht zuletzt, weil für den Staat das Schuldenmachen kostspielig geworden ist und sowohl Sparpakete wie auch Steuererhöhungen auf wenig Verständnis bei der Bevölkerung stoßen, auch wenn sie lange Zeit von der Freigiebigkeit ihrer Regierung profitierte.
In Zeiten des Fachkräftemangels
ist die Wehrbereitschaft der großen Betriebe ambivalent. Die Schließung von ganzen Firmenzweigen läuft parallel mit durchaus ansehnlichen Lohnerhöhungen, um die guten Fachkräfte zu halten. Die aber vergraben Ihr Geld offensichtlich lieber als es auszugeben. Das Winken der Konsumenten mit den Kreditkarten entwickelt sich rückläufig oder zumindest nicht den Erwartungen der verschiedenen Wirtschaftsinstitute entsprechend.
Was hat das mit den Handelsagenten zu tun?
Die produzierenden (Export)Unternehmen haben nicht nur die Rezession am Hals, sondern auch Schmankerln wie die Lieferkettenverordnung, strengere Kreditauflagen, Fachkräftemangel, Bürokratiesperenzchen, geopolitische Verwerfungen, die Zolldrohung aus den USA und eventuell aus China, den Green Deal der EU und allerlei Behinderungen vor Ort. Ebenso ein immer wieder feststellbares zeitraubendes Entscheidungsschlingelschlangel der Politik (man denke an den Lobautunnel oder sich über Jahre hinziehende steirische Spitalsfragen).
Daher trachten Unternehmer gezwungenermaßen mehr denn je das eigene Kostengerüst im Griff zu behalten. Es muss gespart werden – und zwar überall. Auch im Vertrieb. Die zunehmende Nutzung des Klickangebots „Freie Vertretungen“ im Spotlight (siehe oben) zeigt, dass hinsichtlich der personellen Ausstattung des Verkaufs und Vertriebs einiges in Bewegung ist, wenn nicht sogar im Rutschen.
Ich weiß, die Leser sind unterschiedlich betroffen. Dennoch sei der Hinweis erlaubt, dass diese Bewegungen und der Änderungszwang gleichermaßen ein Problem darstellen, wie auch Tore öffnen.
Das Tauschen eines Handelsagenten gegen einen anderen ist gesamtheitlich ein Nullsummenspiel. Aber die Notwendigkeit des Wechsels von angestellten Vertriebskräften zu den günstigeren Handelsagenten/Handelsagentinnen kann eine Verbesserung für die rund 600.000 europäischen Handelsagentenbetriebe mit sich bringen.
Mit welchen Argumenten sind Hersteller für den Einsatz von selbständigen Handelsagenten zu gewinnen?
Die Kosten des Handelsagenten sind (im Unterschied zum angestellten Außendienst) immer im Einklang mit dem getätigten Umsatz (Umsatzprovision), daher sicherer zu kalkulieren und mit weniger administrativem Aufwand verbunden. Alles, was normalerweise unter Lohnnebenkosten läuft, gibt es bei Kooperation mit Handelsagenten nicht. Autokosten und Reisespesen entfallen für das vetretene Unternehmer (Geschäftsherrn). Der Handelsagent bringt seinen eigenen Kundenstock in das Vertragsverhältnis ein.
Er/sie ist selbst Unternehmer(in) mit einem entsprechenden wirtschaftlichen Wissen und Verständnis.
In der Regel bietet der Handelsagent neben der Kernleistung der Vermittlung von vertretenen Produkten noch eine Reihe von Dienstleistungen.
Kundenwerbung, Kundenbetreuung, Kundenberatung, Verkäuferschulung, Offertmanagement, Marktbeobachtung und diesbezügliche Informationen, Reklamationsbearbeitung. Musterlager, Präsenz auf Messen, Bürobereitschaft, Auftragsverfolgung,Terminobservanz.
Manche Handelsagenten liefern daneben separat zu bezahlende Dienstleistungen
wie z.B. Wartungsarbeiten, Kundendienst, Entwickungs- und Planunsarbeiten, Verkaufsförderung etc.
Sie sind von der jeweiligen Branche und deren Erfordernissen abhängig.
Zu beachten ist, dass viele Unternehmen noch nie mit externen Vertriebsexperten gearbeitet haben und daher eine ausführliche Darstellung der eigenen Leistungen in einem Erstgespräch notwendig ist und der Handelsagent als Geschäftspartner auf Augenhöhe zu präsentieren ist.
Unterstützende Quellen: CDH Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb, IUCAB.
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