Nr.108 – Lassen Sie sich aus der Hand lesen?

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

Jänner 2024

Zu keiner anderen Zeit als zum Jahreswechsel ist der Wunsch so groß in die Zukunft zu schauen. Das kann man ja verstehen. Wer die Zukunft kennt, hat es leichter zu planen und zu reagieren. Sind die Aussichten gut, kann man sogar etwas riskieren. Aber Genaues weiß man eben nicht.

Im Ägypten der Pharaonen beging man den Jahresanfang im Juni zum Beginn der segensreichen Nilüberschwemmungen.
Für die Berater des Pharaos war es die richtige Zeit durch Beobachtung der Sterne und Zeichen der Natur die Gunst der Götter zu erkunden.
Der große amerikanische Schriftsteller und Humorist Mark Twain (er war der Schöpfer von Tom Sawyer und Huckleberry Finn) spottete allerdings „Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen“.

 

Mark Twain In Various Colorways

Mark Twain   Foto Adobe

Die heutigen Wirtschaftsweisen, Politikwissenschafter und Zukunftsforscher wären arm dran, müssten sie sich auf Flügelschlag, das Werfen von Knöchelchen oder das Legen von Tarotkarten verlassen.
Also lassen wir, um Gewissheit über die Zukunft zu erlangen, die Traumbücheln und die Kristallkugeln genauso beiseite, wie die Handlesekunst, astrologische Bestimmungen und mystische Prophezeiungen – obschon damit auch noch heute nicht schlecht Geld verdient wird.Tief drin sind wir halt noch immer archaischer als man denkt. Ob es um den Wahlausgang, ums Wetter, die Wertpapiere, die Zinsentwicklung oder die Aussichten bei der Fußball-WM geht, einen hoffnungsgebenden Hinweis auf die Zukunft erwarten sich die Menschen allemal.
Hauptsächlich stützt sich der wissende, aufgeklärte Europäer des 21. Jahrhunderts auf zwei Erfindungen der Moderne:Prognose und Meinungsumfrage.Obwohl das zwei völlig unterschiedliche Methoden sind, werden sie doch in den Medien miteinander verquickt oder durcheinandergeworfen.Die Prognose ist eine systematische Untersuchung, die statistische Modelle, Vergangenes und aktuelle Informationen verwendet und die auch eine entsprechende Erfahrung seitens der Hersteller benötigt. Daten und Trends spielen eine zentrale Rolle. Die Zuverlässigkeit beruht auf einem entsprechenden Datenumfang und der Verwendung bewährter Berechnungsmodelle. Die Prognose bezieht sich auf einen festgelegten Zeitraum und muss bei Auftauchen neuer veränderter Einflussgrößen nachjustiert werden.

Ganz anders verhält es sich mit der Meinungsumfrage.
Sie verwendet Umfragen und statistische Stichprobenverfahren um die a k t u e l l e   Meinung einer entsprechend großen repräsentativ ausgesuchten Personengruppe zu erheben.
Die Knackpunkte der angestrebten Zuverlässigkeit sind die Anzahl der Befragten und wie genau sie die Gruppe der Menschen abbilden, die untersucht werden soll.  Weiters geht es um die Formulierung der Fragen, die ja nicht von Haus aus zu bestimmten Antworten drängen oder verführen soll.

Was also sind die relevanten Unterschiede?
Die Prognose wirkt längerfristig, fußt eher auf wissenschaftlichen Methoden und Fakten  – die Meinungsumfrage ist ein blitzlichtartiges Meinungsbild, das in einer Woche schon wieder ganz anders aussehen kann.

Was bedeutet das für den Medienkonsumenten?
Zuerst, dass er de facto nie feststellen kann, ob die Erhebungen strengen Regeln entsprechend durchgeführt wurden. Herauszufinden, wer die durchführenden Institute und wer die Auftraggeber dieser Untersuchung waren, wird dem Einzelnen auch kaum gelingen. Im Fall einer Meinungsumfrage festzumachen, wie das Umfragedesign aussah und ob die Anzahl der Befragten ausreichten, wird ebenfalls nicht eruierbar sein. Der Begriff Umfragedesign ist ziemlich umfassend: Zielsetzung der Umfrage, Zielgruppe, Fragentypen, Befragung mündlich, schriftlich, telefonisch, Online etc., Art der Stichprobenfestlegung. Die Fragebogenstruktur spielt eine Rolle, ebenso die Methode der Datenerfassung und -analyse. Dass hinter dem ganzen Aufwand meistens handfeste Interessen stehen, darf angenommen werden.

Sorgsam überlegen
Meine kurze (und schon aus Platzgründen nicht umfassende) Darstellung zweier Instrumente, die ständig dazu verwendet werden die Öffentlichkeit zu informieren, aber auch zu beeinflussen, soll deren Bedeutung in keiner  Weise schmälern.

Aber jeder von uns muss wissen, dass in der heutigen Zeit der Medienvielfalt, der Plattformen und diverser social media die Glaubwürdigkeit von in Umlauf gebrachten Nachrichten sorgsam überlegt werden sollte.

Besonders wenn man beabsichtigt eigene Entscheidungen auf diese Informationen aufzubauen.

© walterkrammer (wct)
Meinungsäußerungen an den Verfasser richten Sie bitte an krammer@wordcraft.at

 

 

 

Haben Sie Anmerkungen zu dem Artikel?
Senden Sie Ihre Stellungnahme an krammer@wordcraft.at.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Newsletter

Der Newsletter ist eine kostenlose Ergänzung zum Blog und dient in erster Linie der Verbreitung von Kurznachrichten bzw. organisatorischen Mitteilungen an unsere Leser.


Beitrag teilen