Die heutigen Wirtschaftsweisen, Politikwissenschafter und Zukunftsforscher wären arm dran, müssten sie sich auf Flügelschlag, das Werfen von Knöchelchen oder das Legen von Tarotkarten verlassen.
Also lassen wir, um Gewissheit über die Zukunft zu erlangen, die Traumbücheln und die Kristallkugeln genauso beiseite, wie die Handlesekunst, astrologische Bestimmungen und mystische Prophezeiungen – obschon damit auch noch heute nicht schlecht Geld verdient wird.Tief drin sind wir halt noch immer archaischer als man denkt. Ob es um den Wahlausgang, ums Wetter, die Wertpapiere, die Zinsentwicklung oder die Aussichten bei der Fußball-WM geht, einen hoffnungsgebenden Hinweis auf die Zukunft erwarten sich die Menschen allemal.
Hauptsächlich stützt sich der wissende, aufgeklärte Europäer des 21. Jahrhunderts auf zwei Erfindungen der Moderne:Prognose und Meinungsumfrage.Obwohl das zwei völlig unterschiedliche Methoden sind, werden sie doch in den Medien miteinander verquickt oder durcheinandergeworfen.Die Prognose ist eine systematische Untersuchung, die statistische Modelle, Vergangenes und aktuelle Informationen verwendet und die auch eine entsprechende Erfahrung seitens der Hersteller benötigt. Daten und Trends spielen eine zentrale Rolle. Die Zuverlässigkeit beruht auf einem entsprechenden Datenumfang und der Verwendung bewährter Berechnungsmodelle. Die Prognose bezieht sich auf einen festgelegten Zeitraum und muss bei Auftauchen neuer veränderter Einflussgrößen nachjustiert werden.
Ganz anders verhält es sich mit der Meinungsumfrage.
Sie verwendet Umfragen und statistische Stichprobenverfahren um die a k t u e l l e Meinung einer entsprechend großen repräsentativ ausgesuchten Personengruppe zu erheben.
Die Knackpunkte der angestrebten Zuverlässigkeit sind die Anzahl der Befragten und wie genau sie die Gruppe der Menschen abbilden, die untersucht werden soll. Weiters geht es um die Formulierung der Fragen, die ja nicht von Haus aus zu bestimmten Antworten drängen oder verführen soll.
Was also sind die relevanten Unterschiede?
Die Prognose wirkt längerfristig, fußt eher auf wissenschaftlichen Methoden und Fakten – die Meinungsumfrage ist ein blitzlichtartiges Meinungsbild, das in einer Woche schon wieder ganz anders aussehen kann.
Was bedeutet das für den Medienkonsumenten?
Zuerst, dass er de facto nie feststellen kann, ob die Erhebungen strengen Regeln entsprechend durchgeführt wurden. Herauszufinden, wer die durchführenden Institute und wer die Auftraggeber dieser Untersuchung waren, wird dem Einzelnen auch kaum gelingen. Im Fall einer Meinungsumfrage festzumachen, wie das Umfragedesign aussah und ob die Anzahl der Befragten ausreichten, wird ebenfalls nicht eruierbar sein. Der Begriff Umfragedesign ist ziemlich umfassend: Zielsetzung der Umfrage, Zielgruppe, Fragentypen, Befragung mündlich, schriftlich, telefonisch, Online etc., Art der Stichprobenfestlegung. Die Fragebogenstruktur spielt eine Rolle, ebenso die Methode der Datenerfassung und -analyse. Dass hinter dem ganzen Aufwand meistens handfeste Interessen stehen, darf angenommen werden.
Sorgsam überlegen
Meine kurze (und schon aus Platzgründen nicht umfassende) Darstellung zweier Instrumente, die ständig dazu verwendet werden die Öffentlichkeit zu informieren, aber auch zu beeinflussen, soll deren Bedeutung in keiner Weise schmälern.
Aber jeder von uns muss wissen, dass in der heutigen Zeit der Medienvielfalt, der Plattformen und diverser social media die Glaubwürdigkeit von in Umlauf gebrachten Nachrichten sorgsam überlegt werden sollte.
Besonders wenn man beabsichtigt eigene Entscheidungen auf diese Informationen aufzubauen.
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