Man kann davon ausgehen, dass f o r m a l e Businesspläne bei den meisten Unternehmern nicht existieren, unabhängig davon, ob sie alte Hasen oder erfolgshungrige Starter sind. Was also hat es mit den Begriffen Businessplan (BP) oder Business Case (PC) auf sich, die einem in der Praxis immer wieder begegnen, und zwar nicht nur, wenn es um große Firmen oder Weltkonzerne geht.
Dazu ein Gespräch mit DI Peter Goldmann, der als erfahrener Unternehmensberater schon seit Jahren unseren Mitgliedern für eine kostenlose Erstberatung und das geförderte PRACTICAL zur Verfügung steht. Beachten Sie den entsprechenden Eintrag in dem allen Fachgruppenmitgliedern übersandten Gutschein- und Serviceheft.
Spotlight: Wie der Name schon sagt, geht es grundsätzlich um die umfassende Planung eines Unternehmens.
DI Goldmann: Richtig. Wobei es ohne Belang ist, um welche Branchen es sich handelt. Genau so wenig macht es einen prinzipellen Unterschied, ob wir von Industrie, Gewerbe, Handel oder Dienstleistung usw. sprechen.
Spotlight: Wollen wir uns in der Folge auf die Eckpunkte eines BP konzentrieren und was das im Handel oder besonders bei den Handelsagenten bedeutet?
DI Goldmann: Für den schon lang tätigen Unternehmer ist das faktenbasierte Planen vermutlich einfacher als für einen, der erst startet. Das gilt genauso für Handelsagenten Wie weit man den Aufwand treibt, ist teilweise abhängig von der Größe des Unternehmens, aber der BP lohnt sich in jedem Fall auch für das Eine-Person-Unternehmen (EPU).
Das Strategiepapier Businessplan zeigt die Ausrichtung des gesamten Unternehmens und es enthält alle nötigen Schritte für die Umsetzung des Vorhabens. Darin müssen die Geschäftsideen, die kurz- und langfristigen Zielsetzungen mit ihren Inhalten, das Marketing, die Finanzplanung und der jeweilige Zeithorizont umfassend beschrieben sein. Es ist das Dokument, das der Unternehmer bei Gesprächen mit Banken und Investoren auf den Tisch legt, um die Position seines Unternehmens klarzumachen.
Wie immer gilt es die richtigen Fragen zu stellen, um zu hilfreichen Antworten zu kommen. Bei Banken sind oft kreditbezogene Unterlagen verfügbar, die Aspekte des BP berücksichtigen.Wie schnell die Geschäftsidee „zieht“, wird nicht zuletzt von im Unternehmen vorhandenen Wettbewerbsvorteilen abhängen. Nicht fehlen darf eine nachhaltige Marktanalyse darüber, wer als Abnehmer der Betriebsleistung ins Auge gefasst werden kann, also wie der angestrebte Markt aussieht oder aussehen soll.
Der Business Case hingegen konzentriert sich auf die taktische Betrachtung einzelner Projekte oder Investitionen und ist meist für interne Entscheidungsträger bestimmt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass sich der Business Case infolge der wachsenden Anforderungen an die Finanzierung zu einem Businessplan auswächst, einfach weil das ganze Unternehmen durch ein Projekt in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Denken Sie z.B. an einen Standortwechsel.
In beiden Fällen wird die Geldbeschaffung immer eine zentrale Rolle spielen. Ist die Kapitaldecke der Eigentümer jetzt und in Zukunft ausreichend?
Kann man den diesbezüglichen (eigenen) Berechnungen vertrauen und werden diese auch in Krisenzeiten tragfähig bleiben?
Braucht es externe Kräfte, wie z.B. Berater, Banken oder private Geldgeber?
Bei bestehenden Unternehmen muss häufig auch geprüft werden, ob das bestehende Marktsegment ausreicht oder andere Wege mit neuen Produkten und Dienstleistungen begangen werden müssen. Bei Handelsagenten kann das die Umgruppierung der vorhandenen Vertretungen notwendig machen. Die Auswirkung auf die Finanzen kann sich jeder vorstellen.
Spotlight: Nach der Theorie kommt ja wohl die Praxis zum Zug?
DI Goldmann: Selbstverständlich. WER tut WAS im Unternehmen? Wer sind die Personen, die den Betrieb bestimmen (Eigentümer, Geschäftsführer, Fachpersonal)? Wie funktionstüchtig ist die Betriebsorganisation? Wer erledigt welche Aufgaben und trägt dafür Verantwortung (Aufgabenkreise) und wie effizient arbeiten die jeweiligen Personen oder Gruppen zusammen? Bei einer EPU wird das auf die Einteilung von Zeit für die Bewältigung der verschiedenen Aufgabengebiete hinauslaufen.
In Handelsfirmen hat der Einkauf keine geringere Bedeutung als die Verkaufsfront.Wie marktfähig sind die eigenen Produkte und Dienstleistungen? Wie sieht deren Zukunft aus?
Damit sind wir schon beim Marketing und beim Vertrieb. Auf welche Weise wollen wir auf uns aufmerksam machen?Wie stark agieren wir im bestehenden und in den zukünftigen Märkten? Wie erfolgversprechend sind die derzeitigen oder geplanten Vertriebskanäle und damit verbunden die Vertriebsmethoden. Sind Kooperationen mit anderen Unternehmen wünschenswert oder sogar notwendig? Wenn ja, in welchem Ausmaß?
Sie spüren es schon. Der gute Plan von gestern kann morgen hinfällig sein. Die jeweils aktuelle Überprüfung ist daher ein Muss. Alles in allem bedeutet den Überblick zu bewahren und faktenkonform ständig nachzujustieren einen großen Aufwand, der Kapazitäten vom Alltagsgeschäft abzieht. Große Unternehmen beschäftigen mit dieser Aufgabe eigene Projektteams.
Spotlight: Unseren Leserinnen und Lesern wird langsam warm bei dem Gedanken, dass wir Ihnen eine präzise Beantwortung all dieser Fragen zumuten.
DI Goldmann: Nein, das ist keineswegs eine Zumutung. Unser Gespräch dient dem Zweck darauf hinzuweisen, dass es für jeden Unternehmer von Vorteil ist die angesprochenen Themenfelder – auch ohne äußeren Anlass – von Zeit zu Zeit einer gründlichen Überlegung zu unterziehen. Was dabei herauskommt, kann man auf ein paar Blätter Papier schreiben, ein Datum hinzufügen und griffbereit bei den wichtigen Geschäftsunterlagen verstauen. Wenn sich bei der Prüfung Defizite offenbaren, müssen solche nach Möglichkeit geschlossen werden. Beim regelmäßigen Durchsehen dieser Unterlagen tritt ja ein etwaiger Abänderungsbedarf von selbst in den Vordergrund.
Spotlight: Sie sagen also, dass ein BP ein lebendiges Papier ist, dass je nach der sich ändernden Sachlage hervorgeholt und aktualisiert werden muss.
DI Goldmann: Man sollte danach trachten, den BP jederzeit mit wenig Aufwand auf den letzten Stand bringen zu können, weil es möglich ist, dass Ihre Bank, Ihre Versicherung, die öffentliche Hand zur Gewährung einer Förderung oder zukünftige Geschäftspartner bei einer Umgestaltung Ihres Unternehmens ein solches Papier einfordern.
Eine sehr nützliche Vorgangsweise ist überdies die Einführung von Quartalszusammenfassungen, um zu wissen, wo man mit den eigenen Projekten steht. Bei heiklen Vorhaben empfehlen sich monatliche Statusreports. Ich rede nicht einer betrieblichen Bürokratie das Wort. Aber eine laufende Kontrolle bewahrt Sie vor unliebsamen Überraschungen.
Spotlight: Es taucht immer wieder die Frage nach der erforderlichen Detailgenauigkeit und fachlichen Tiefe eines BP auf.
DI Goldmann: Das ist eine sehr gute Frage. Es hängt vom Einzelfall ab und wozu das Papier dienen soll, also was Sie damit untermauern wollen.Stellen Sie sich verschiedene Gesprächspartner vor. Etwa das Finanzamt, die Bank, eine Förderstelle, Ihren Onkel, der eine schöne Summe in Ihr Unternehmen einschießen soll, der Kreditschutzverein usw. Alle haben unterschiedlich motivierte Anforderungen, die Sie bedienen müssen. Allerdings muss am Ende jeder Unternehmer wissen, welche Parameter für ihn die relevantesten sind, um sein Unternehmen in Schwung zu halten.
„Womit mache ich meine Kunden glücklich?“ ist sicher eine der grundlegendsten Fragen. Ist es meine Serviceleistung, ist es die Qualität oder meine Lieferperformance, um einige zu nennen?Andererseits, welchen Aufwand muss ich betreiben, welche Abhängigkeiten muss ich zwangsläufig akzeptieren, wenn ich die Zufriedenheit meiner Kunden sicherstellen will? Die angestrebte Aussagekraft von BP und BC, der angepeilte Überblick, den Sie sich selbst über das Unternehmen verschaffen wollen und letztlich der damit verbundene Aufwand entscheiden darüber, wie tief Sie graben wollen oder müssen.
Spotlight: Wir danken für das Gespräch.