Mai 2024.
Nach langem Hin und Her und mühseligen Verhandlungen haben die EU- Staaten nunmehr das heiß umkämpfte EU-Lieferkettengesetz beschlossen. Allerdings hat Österreich neben einigen anderen Staaten nicht final zugestimmt. Die Mitgliedsstaaten haben 2 Jahre Zeit die entsprechenden Vorschriften in nationales Recht umzusetzen. Sehr vereinfacht gesprochen fühlt sich die EU wieder einmal gefordert dem Rest der Welt beizubringen, was richtig und wichtig ist.
Da der juristische Arm Europas in fernen Ländern keine Verfügungsgewalt hat, schickt man nun die europäische Wirtschaft an die Front. Sie wird dazu angehalten zu prüfen. inwieweit in der Lieferkette die Anforderungen der Menschenrechte und des Umweltschutzgedankens ausreichend berücksichtigt werden und im Negativfall dagegen entsprechende Maßnahmen zu setzen.
Gegen wen geht es wirklich?
Wenn ich an Kinderarbeit denke, dann tue ich das nicht im Zusammenhang mit St. Pölten, Gelsenkirchen, Marseille oder Bukarest. Bei dem Umweltschutz wird es möglicherweise anders aussehen. Allerdings gibt es für diesen überall im EU-Raum politische und gesellschaftliche „Aufpasser“, sowie Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte, die nach europäischen Standards agieren.
Dazu kommt, dass die europäischen Wirtschaften bis zu 90% ihrer In- und Exporte mit den EU-Nachbarländern abwickeln. Man könnte also in Brüssel so ehrlich sein und offen einbekennen, gegen wen sich die EU-Erziehungsmission richtet und damit die europäische Wirtschaft zufriedenlassen, auf jeden Fall zumindest, soweit es rein europäische Warenflüsse betrifft.
Handelsagenten werden sich daran gewöhnen müssen vor Vertretungsübernahmen Firmen auf LKSG-Tauglichkeit zu prüfen
Sollten Sie, geschätzte Leserin, lieber Leser der Meinung sein, dass Sie nicht in die Ziehung kommen, weil Sie persönlich die Schwellenwerte der Betroffenheit von 1000 Beschäftigten und 450 Mio € Umsatz ohnedies nicht erreichen, dann sind Sie ganz schön im Irrtum.
Als Handelsagent einer Firma, die irgendwo entlang der gesamten Lieferkette mit einem wegen seiner Schwellenwerte verpflichteten Unternehmens zu tun hat (chain of activities), werden Sie zusammen mit ihrem Geschäftsherrn ziemlich sicher ausgelistet werden, wenn Sie sich nicht den Compliance Richtlinien dieses Unternehmens unterwerfen. Dazu gehören auch die Bereiche Lagerung, Transport oder Entsorgung.
Das Problem wird weniger darin liegen, ob Ihr Geschäftsherr in St. Pölten Kinderarbeit zulässt, sondern darin, dass er alle seine Vorlieferanten auf Verstöße gegen Umwelt- und Sozialstandards prüfen muss. Dabei ist es nicht unwahrscheinlich, dass Auskünfte verlangt werden, die der Auskunftgeber aus Datenschutz- oder Wettbewerbsgründen gar nicht geben kann. Daher ist es ratsam sich schon vor dem Unterschreiben des Vertretungsvertrags über die LKSG-Tauglichkeit Ihres neuen Geschäftsherrn (samt den Vorlieferanten, die an der Erstellung der Ware beteiligt sind, die Sie vertreten werden) kundig zu machen
Die Industriellenvereinigung sieht Benachteiligung europäischer Unternehmen
,Der Präsident der Industriellenvereinigung, Georg Knill, kritisiert einen vorhersehbaren bürokratischen Aufwand und erhebliche Kosten durch ausufernde Sorgfaltspflichten auch für KMUs. Er spricht von einer Benachteiligung europäischer und damit österreichischer Firmen.
Auch wenn das beschlossene EU-Gesetz nicht sofort in das österreichischen Recht Eingang findet, werden unsere Firmen (speziell im internationalen Umgang) nicht zögern dürfen, sich entsprechend vorzubereiten.
Zu den neuen Firmenaufgaben zählen in Hinkunft
♦ Das Aufspüren menschenrechtlicher und umweltschädigender Verhaltensweisen in der Lieferkette
♦ Das Schaffen von Abhilfe im Fall von Rechtsverstößen bzw. dazu einen entsprechenden Beitrag zu leisten.
♦ Beschwerdemöglichkeiten im eigenen Bereich einzurichten
♦ Regelmäßige Berichte zu erstellen über alle sachdienlichen Angelegenheiten in Richtung LKSG
Gemütliches Zurücklehnen kann man nicht empfehlen
Österreichische Firmen sind derzeit schon davon erfasst, sofern sie Lieferanten von Abnehmern in Deutschland, Frankreich oder den Niederlanden sind oder planen es zu sein. Weil es in diesen Ländern bereits nationalstaatliche Lieferkettenbestimmungen gibt. Es ist davon auszugehen, dass am Schluss im ganzen EU-Bereich die Wirtschaft unter diesen Regulierungen wird arbeiten müssen, wenn nicht rechtzeitig praxisnahe Durchführungsbestimmungen Einhalt gebieten. Jedoch, sollte sich die Konkurrenz in den USA, in China, in Indien usw. die Hände reiben und unsere Ein- und Verkaufsmärkte übernehmen, bleiben wir Europäer noch immer die moralischen Sieger. Und das ist doch auch etwas.😊
© walterkrammer (wct)
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