Nr. 129 – Warum sparen Konsumenten?

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

August 2024.

Die Wirtschaftsbereiche liefern zur Zeit die Halbjahresergebnisse 2024. Sie ermuntern nicht wirklich. Der österreichische Handel zum Beispiel steht laut Handelsobmann Rainer Trefelik im Durchschnitt mit 0,8% im Minus. Im Möbelhandel sind es gar 12,7%. Dort wartet man vergeblich auf den umsatzfördernden Wohnungsbau. Sogar der Onlinehandel liegt fast 1% zurück. Die großen Krisen der letzten 10 Jahre – Migration, Corona, Energiekrise, diverse Kriegs- und Revolutionsschauplätze, Lieferkettenprobleme, Verlagerung der geopolitischen Stärkerelationen, Pensionswellen – werfen uns ihre Schatten nach. Es scheint zwar genug Geld auf der Welt zu geben, aber halt woanders.

Die österreichische Konsumnachfrage ist augenscheinlich auf Urlaub. So wie die chinesischen Touristen. Obwohl sie Geld einbringen, stören sie mancherorts, weil sie in den schönsten Ecken von Österreich die mitgebrachte Familie mit ihren ebensolchen Handys fotografieren. Man könnte also, der Logik folgend, davon ausgehen, dass jene Unternehmen, die es am engsten mit lebendigen Menschen als Kunden zu tun haben, alles daransetzen, bei den zugeknöpften Österreichern in zuvorkommender Weise das Geld locker zu machen. Weit gefehlt.

Als Konsument erlebt man so manches.

Dazu eine bunte Auswahl tatsächlicher Beispiele aus dem prallen Menschenleben.

Textil.

Der Kauf von 2 Polos bei einem am anderen Ende  Österreichs werkenden Unternehmen scheiterte an der unumgänglichen, aber leider fehlerhaften digitalen Auftragsentgegennahmeausstattung.

Ein wohlmeinender gütlicher Anruf des Interessenten (Kunden gibt es am Ende dieser Story nicht) wird mit hörbarem, bedauerndem Achselzucken beantwortet und dass man da halt durchmüsse. Müssen wollte der Interessent aber gar nichts.

Medizinische Versorgung.

Ebenfalls ein Hotspot der Bürgernachfrage ist das Ärztewesen. Das Tonband teilte dem Hilfe heischenden Patienten abwechselnd die Ordinationszeiten und den Hinweis mit, dass man ohne tel. Voranmeldung erst gar nicht kommen brauche. Eine anschließende Anmeldemöglichkeit fehlte unerwarteterweise. Ebenso auf dem zweiten Band, das einem weismachen wollte, dass alle Mitarbeiter mit Patientengesprächen beschäftigt seien. Bei mehreren Versuchen immer dasselbe Ergebnis. Vermutlich wurde aber nur verabsäumt das Band mit der Urlaubsmeldung einzuschalten, bevor man den Rollladen herunterließ.

Friseur.

Beim durchaus kooperativ vorgebrachten Wunsch nach einer Maniküre wurde – damit man als Kundin weiß, wie man dran ist – auf die Notwendigkeit einer Terminvereinbarung aufmerksam gemacht. Durchaus verständlich und ortsüblich. Na, dann geben Sie mir bitte einen Termin. Das gut geschulte Personal knallte ohne Terminkalender und Zaudern „In 2 Monaten“ auf die Budel. Das einfühlsame, batzweiche Wienerherz halt.

 

Schuhhandel.

In der Absicht in unmittelbarer Umgebung der Wiener Oper ein Paar Schuhe zu kaufen, geriet unser Informant unversehens in die Rolle des Spähers. Nachdem er sich mit einer Verkäuferin bekanntgemacht hatte, war seine Mitwirkung bei der Auffindung brauner Schlüpfer in der geräumigen Ausstellung dringend vonnöten, wenn er nicht den ganzen Vormittag in dem Laden verbringen wollte. Dann allerdings trat der Kundendienst blitzartig zutage. Die Verkaufsexpertin hielt ihr Lesegerät an die Unterseite des Ausstellungsstücks und wusste sofort, dass die gewünschte Größe nicht vorrätig war. Sich so zu strapazieren in einer anderen Filiale mithilfe der bereits erfundenen Telefontechnik nachzufragen schien der jungen Dame vermutlich nicht naheliegend. Noch dazu bei einem Kunden, der eh schon so schwierig ist.

 

Homepages.

Über das gefinkelte Verbergen auf jeweils werbewirksam angelegten Homepages von konsumentennahen Unternehmen z.B. der Telefonnummer, der Öffnungszeiten oder gar der Schließtage kann ich nicht eingehen, ohne aggressiv ausfällig zu werden. Da lasse ich es lieber.

Schaden entsteht für alle

Sie werden vielleicht meinen, dass es sich um die Dramatisierung von Nebensächlichkeiten handelt.

Das sind sie aber nicht. Es sind ärgerliche Vorkommnisse, die dem heutigen Konsumenten auf Schritt und Tritt begegnen und die zumeist zu seinen Lasten ablaufen. Sie tropfen kleinweise ins Unterbewusstsein der Menschen und vermiesen ihnen die Einkaufsfreude, welche  Handelsobmann Trefelik zurecht vermisst.

Ein nicht unbedeutender Umstand, unter dem auch die ohnedies kundenfreundlich bemühten Händler leiden, sowie schlussendlich Handelsagenten, denen der nicht getätigte Umsatz ebenfalls fehlt.

Damit wir uns nicht falsch verstehen. Aus eigener Erfahrung ist mir bekannt, dass die Führung eines (kleinen) Unternehmens in Österreich risikoreich, anstrengend und mit allen möglichen Hindernissen gepflastert ist. Honigschlecken ist es keines.

Umso eher wäre es aber zu erwarten und dringend notwendig, dass im jeweils eigenen Bereich alles unternommen wird, es für die möglichen Käufer nachhaltig so einfach, angenehm und vorteilhaft zu gestalten, wie es nur möglich ist, damit eben  Kauf l u s t entsteht.

Wir alle sind Konsumenten und erleben leider zu oft, dass da noch spürbar viel Luft nach oben ist und das nicht nur beim Handel.

 

 

 

 

 

© walterkrammer (wct)

Für Mitteilungen an den Verfasser klicken Sie HIER

Möchten Sie dem Gremium schreiben, klicken Sie HIER

 

 

 

 

 

 

 

Haben Sie Anmerkungen zu dem Artikel?
Senden Sie Ihre Stellungnahme an krammer@wordcraft.at.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Newsletter

Der Newsletter ist eine kostenlose Ergänzung zum Blog und dient in erster Linie der Verbreitung von Kurznachrichten bzw. organisatorischen Mitteilungen an unsere Leser.


Beitrag teilen