Nr. 63 – Nicht alles ist unvorhersehbar

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

Handelsagenten Spotlight

 

Unsicherheit hat es in der Menschheitsgeschichte immer gegeben. Der moderne Mensch lebt jedoch im Bewusstsein den Anforderungen der wachsenden globalen Komplexität begegnen zu können. Ermutigt angesichts wissenschaftlichen Fortschritts, selbstsicher durch besseres Wissen über wirtschaftliche Zusammenhänge und nicht zuletzt durch den Gebrauch weltumspannender Informationssysteme.

Wenn man die Bewältigung der Finanzkrise zu Anfang dieses Jahrhunderts vergleicht mit der Weltwirtschaftskrise in den 30er-Jahren, kann man zur Ansicht kommen, dass wir die Dinge besser im Griff haben. Wir legen aber den Fokus in erster Linie auf Europa beziehungsweise auf die hochentwickelten Länder. Weltweit gesehen gibt es viel Luft nach oben.

Die Unwägbarkeit oder das, was der Mensch einfach nicht verhindern kann, existiert genauso auch heute. Es kommt jedoch dazu, dass die vielen Studien und Statistiken, die herumschwirren,  durchaus positive Ergebnisse zeigen, welche „gefühlt“- wenig übereinstimmen mit der Befindlichkeit des Einzelnen.

Finanzkrise, Flüchtlingskrise, Corona, Inflationsdruck, Kriegsauswirkungen – alles zusammengepackt in 2 Jahrzehnte – ist schon recht heftig. Das Thema Umweltschutz und Erderwärmung wird noch Generationen beschäftigen und möglicherweise global in schwere Konfusionen und Konflikte stürzen. Verschärft wird die Lage durch einen, für menschliche Begriffe, gewaltigen Zeitdruck.

Die Lebensspanne in Österreich beträgt statistisch etwa 80 Jahre und war bis jetzt immer steigend. Der Wunsch der Eltern geht verständlicher Weise dahin, dass diese Zeit den Kindern mehr bieten soll als ihr eigener Lebensverlauf ihnen selbst gebracht hat. Schwere Einbrüche, wie oben genannt, passen dann schlecht in das  Konzept, vor allem, wenn es davor doch so gut gelaufen ist.

Solang eine gute Ausbildung, ein lebendiger Leistungswille und eine umsichtige Lebensführung uns stetig den Weg nach oben weisen, ist alles gut. Wären da nicht eben die Unwägbarkeiten, die man nicht vorhersehen kann und deren böseste Eigenschaft es ist, dass man ihren Folgen nur mit Glück und nicht nachlassendem Optimismus, häufig aber gar nicht entgehen kann. Im Glücksfall lässt es das Schicksal gerade noch gnädig bei einem Streifschuss bewenden.

Es ist nicht alles Schicksal, was nicht passt.

Der politische, berufliche oder private Streit entzündet sich immer wieder an der Frage, welche Umstände nicht oder sehr wohl vorhersehbar waren. Die Aufklärung hat uns gelehrt, dass alles seine Ursachen hat. Daher scheint es logisch, dass es auch immer einen Schuldigen geben muss.

Schon bezüglich der oben angeführten großen Nöte von der Finanzkrise bis zum Krieg in der Ukraine prallen heute in den Leitartikeln und renommierten Talkshows die Ansichten von „das konnte im Vorhinein keiner wissen“ bis „das musste ja so kommen“ wütend aufeinander. Wechselweise Schuldzuweisungen aus verschiedenen Richtungen lassen selbstverständlich Zweifel an der Unausweichlichkeit aufkommen. Andererseits würde „schicksalshaft“ für alle schuldbefreiend wirken, die irgendwie in der Verantwortung gestanden sind.

Natürlich gilt das nicht nur für politische Themen, sondern in gleicher Weise für Wirtschaftstreibende, für die Chefs der großen Banken und Konzerne ebenso wie für den kleinen Unternehmer um die Ecke, wenn etwas im ureigensten Bereich nicht klappt. Es gibt in seltenen Fällen den unabwendbaren Schicksalsschlag. Aber eben selten. Meistens existiert eine handfeste Ursache. Dann aber müssen negative Entwicklungen in der Gesellschaft, im Staat, im eigenen Unternehmen  rechtzeitig erkennbar und schon gar nicht unabwendbar gewesen sein. Wurden sie einfach ignoriert? Die Erklärung „Da konnte man nichts machen“ wollen Negativbetroffene klarer Weise so nicht stehen lassen. Schon deshalb ist eine objektive und gründliche Ursachenerforschung  im Interesse aller unerlässlich für die erfolgreiche Bewältigung ähnlicher Situationen in der Zukunft. Das ist nicht schwer zu verstehen..

Umso bemerkenswerter und ärgerlicher ist der zusehends um sich greifende aggressive Stil der öffentlichen politische Diskussion, die darüber hinaus unbekümmert gesicherte Fakten ignoriert. Leider ist nicht zu leugnen dass sich gelegentlich auch renommierte Medien an derartigen Schlammschlachten beteiligen. Bei allen kurzfristigen Vorteilen, die durch diese Vorgangsweise für den einen oder anderen Politiker oder eine ganze Partei erhofft werden, rechtfertigt eine solche Gangart in der langfristigen Beurteilung nie die erheblichen Nachteile für das gemeinsame Ganze. Es handelt sich um eine rücksichtslose Vergiftung des gesellschaftlichen Klimas. 

Wie soll die Bevölkerung zwischen Leistung und Nichtleistung, zwischen zielstrebigem Bemühen und Spiegelfechterei, zwischen verantwortungsvoller Führung und hemmungslosem Populismus unterscheiden, wenn sie permanent in einem Nebel aus Un- und Halbwahrheiten herumstochern muss.

Angeblich verdoppelt sich das Wissen der Menschheit jeweils innerhalb von 7 Monaten. Kein Mensch kann  alles wissen, aber auch er ist in der Pflicht sich zumindest ein Bild zu machen über die Seriosität der Nachrichtenquellen. Ein hinreichendes Bildungs- und Informationsniveau zu haben, ist nicht nur lebensnotwendig, sondern Bürgerpflicht.

Man erkennt schon: es wäre an der Zeit auch Österreich an eine weitreichende Transparenz zu gewöhnen und   u n a b h ä n g i g e   Kontrollmechanismen zu forcieren. Der Widerspruch zwischen den Ansprüchen einerseits auf „das öffentliche Dabeisein bei allem und jedem“  und der verfassungsmäßig garantierten persönlichen Freiheit wird in Zukunft unausweichlich jeweils entlang ideologischer Linien entschieden werden.

©walterkrammer(wct)

 

 

Haben Sie Anmerkungen zu dem Artikel?
Senden Sie Ihre Stellungnahme an krammer@wordcraft.at.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Fill out this field
Fill out this field
Bitte geben Sie eine gültige E-Mail-Adresse ein.
You need to agree with the terms to proceed

Newsletter

Der Newsletter ist eine kostenlose Ergänzung zum Blog und dient in erster Linie der Verbreitung von Kurznachrichten bzw. organisatorischen Mitteilungen an unsere Leser.


Beitrag teilen