Nr. 81 – Egoismus im Zentrum Nr. 81a – Wem gehört die Wiener Innenstadt?

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

Auch wenn die grundlegende Änderung der Verkehrsorganisation in der Wiener Innenstadt nicht jeden Tag den Stoff für Schlagzeilen hergibt, laufen die Vorbereitungen weiter.

Der 1. Bezirk wird größtenteils durch den Franz-Josef Kai und die Ringstraße begrenzt. Alle privaten, kulturellen und geschäftlichen Tätigkeiten und alles, was zur Aufrechterhaltung des täglichen Lebens in der Innenstadt notwendig ist, spielt sich zwangsläufig auf dieser Fläche ab. Die Anforderungen, die aus allen Aktivitäten und Bedürfnissen erwachsen, mögen sich im Laufe der Zeit verändert haben, der zur Verfügung stehende Raum ist gleichgeblieben. Kein Wunder, dass es dadurch zu Meinungsunterschieden und Reibereien zwischen beteiligten Interessensgruppen kommt.

Für die Handelsagenten ist naturgemäß in dieser Angelegenheit deren Fachgruppenobmann KommR Fidelio Rupprecht permanent unterwegs.

Allerdings haben sämtliche Interventionen bis heute für die Handelsagenten kaum Fortschritte gebracht. Einerseits weil unter den Verantwortlichen keine Gewissheit herrscht, was nun im Detail tatsächlich passieren soll. Andererseits haben die Vertreter des Bezirks ausschließlich die Interessen der Bezirksbewohner im Sinn. Sprich, der vorhandene Parkraum an der Oberfläche ist für Bezirksbewohner vorzuhalten (+ Garagenplätze nach Gusto in den Garagen). Und dann noch für sogenannte „Berechtigte“, damit das Leben im 1. ungestört weitergehen kann. Der Rest möge sich die zu geringe Zahl der Garagenplätze teilen bzw. mit der Bim kommen oder daheimbleiben. Die Innenstadt ist aber nicht ein Bezirk, wie jeder andere.

Auch die Geschäftswelt zahlt Steuern

Welche Bedeutung haben nach der schrankenlosen Bevorzugung der Bezirksbewohner noch die Erfordernisse von Tourismus, Gewerbe und Handel? Ganz zu schweigen davon, dass sich mit der Umsetzung der offensichtlich geplanten Maßnahmen der Stellplatzdruck auf die umgebenden Bezirke 2 – 9 merkbar erhöhen wird.

Hier soll nicht der steinernen Unveränderbarkeit bestehender Verhältnisse das Wort geredet werden, aber es wird Zeit anzuerkennen, dass vernünftige Argumente der Gewerbetreibenden, die einen bedeutenden Anteil am Flair und der wirtschaftlichen Bedeutung der Wiener Innenstadt haben, derselbe Stellenwert zugemessen wird wie den Interessen der Bewohner. Vor allem geht es um eine angemessene Bewegungsfreiheit derer, die durch ihre Tätigkeit den ökonomischen Erfolg der Innenstadt sichern.

Handelsagent ist noch immer ein Präsenzberuf

Selbst wenn die fortschreitende Digitalisierung die körperliche Präsenz in vielen Bereichen ersetzt hat, lässt sich die Betreuung tausender Geschäftskunden in der Innenstadt nicht auf ein paar E-Mails reduzieren. Auch Installateure reparieren einen Wasserschaden in der Singerstraße nicht per Internet von Ottakring aus.

Handelsagentensonderregelung existiert schon in Wien

Wesentlich ist für Handelsagenten die Einfahrtsmöglichkeit in die Innenstadt am Vormittag zur Ausübung des Berufs (auch ohne Ladetätigkeit). Bei der Mustervorlage wird 2x geladen (ein und aus). Dazwischen, also während des Kundengesprächs, muss das Auto (natürlich nicht unversperrt) bei der Hand sein. Wien hat schon vor Jahren in 2 großen Einkaufsstraßen eine entsprechende Regelung verordnet. Nachweislich ist dadurch für niemanden ein Nachteil entstanden.

Totale Überwachung wird überlegt

Dazu muss man wissen, dass der geniale Plan, der derzeit gewälzt wird, darin besteht, dass jeder motorisierte „Eindringling“ in den Bezirk 30 Minuten Zeit hat sich in einer Garage zu verkriechen. Andernfalls setzt es Strafen.Ausnahmen sind Autos, die auf eine Bezirksadresse zugelassen sind (wie jetzt zur Erlangung des Parkpickerls) und „Berechtigte“.

Wie will man das kontrollieren?

Man fotografiert alle KFZ, die in den Bezirk bzw. in eine Garage einfahren, bzw. diese verlassen. Ein Rechner vergleicht die Daten und liefert die Basis für das allfällige Strafgeld. Darüber, inwieweit Polizei und Staatsanwaltschaft Zugriff auf diese Überwachungsbilder haben werden, gibt es keine Mitteilung der Planverfasser.An der Oberfläche gilt natürlich nach wie vor die generelle Kurzparkregelung.

Was Politik nicht schafft, müssen wieder die Gerichte ordnen.

Ins Stocken geraten sind die „Reformbestrebungen“ durch verfassungsrechtliche Bedenken und durch den Umstand, dass für eine solche Maßnahme die entsprechenden Bundesgesetze geändert werden müssen. So würde damit erstmalig in ganz Österreich (eine Lex Wien geht ja nicht) eine derartige lückenlose Überwachung unter bestimmten Voraussetzungen möglich gemacht werden (also auch in Amstetten oder der Hinterbrühl).

Berechtigungsbürokratie engt Wirtschaftsalltag ein

In Wien sollen Berechtigungen nach entsprechender Prüfung für den Zeitraum von 2 Jahren und gegen ein entsprechendes Entgelt erteilt werden. Wenn das in ganz Österreich Schule macht, ersticken wir in der Zettelflut.

Ob das der Egoismus im 1., wert ist?

©walterkrammer(wct)

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