Nr. 91 – Seien Sie freundlich!

wordcraft.at / Handelsagenten Spotlight

 

Juli 2023

 

Jüngst hat das österreichische Selbstvertrauen wieder einmal einen kleinen Dämpfer gekriegt. 13.000 Expats wurden weltweit befragt, wie sie denn das Leben an dem Ort empfinden, an dem sie sich außerhalb ihres Heimatlands aufhalten. Eine klassische Definition des Wortes Expatriate bzw. Expat bezieht sich auf – zumeist hochqualifizierte – Fachkräfte, die durch ihren Arbeitgeber für begrenzte Zeit ins Ausland entsandt werden, um in Zweigstellen oder an ausgelagerten Projekten zu arbeiten. (Zitat WIKIWAND)

Ist der „Österreichische Charme“ nicht mehr unwiderstehlich?

OGM hat diese Umfrage, deren Teilnehmerquote wir nicht kennen, als Urteil der Expats über die Freundlichkeit erhoben, die ihnen in dem jeweiligen Gastland entgegenschlägt oder eben nicht.
Da haben wir Österreicher bei etwa 60 genannten Ländern bzw. Städten gleich den letzten Platz erobert.
Gleichsam sind wir Weltmeister im Unfreundlichsein. Als Sieger kürte man Portugal, Mexico und Taiwan. Zum Trost sei gesagt, die bekannt freundlichen Deutschen liegen bloß 13 Ränge vor uns.
Bevor Sie ob dieses bestürzenden Ergebnisses zu Psychopharmaka greifen, bedenken Sie, dass Expats bei ihrer Einschätzung einen gänzlich anderen Blickwinkel haben als beispielsweise Touristen.
Jeder weiß, dass unser Erfolg als Tourismusland ohne den sprichwörtlichen österreichischen Charme undenkbar wäre. 😉
Aber Scherz beiseite.

Welche Bedeutung hat die Freundlichkeit im Umgang mit unserem privaten und/oder beruflichen Umfeld? 

Zuerst sollten wir Freundlichkeit von Höflichkeit unterscheiden.
Wenn der Türsteher eines Hotels Sie entsprechend dem Standard des Hauses begrüßt, ist er höflich, aber nicht zwangsläufig freundlich.
Man könnte sagen: Höflichkeit ist die unpersönliche Schwester der Freundlichkeit. In allen Kulturkreisen gibt es Höflichkeitsformen, die tunlichst zu beachten sind. Regeln, die nicht selten in einem anderen Kulturkreis gar nicht existieren.
Als überall anerkannte Freundlichkeit hingegen gilt eine Verhaltensweise, die mit persönlicher Einbringung und offenkundiger Wertschätzung für das Gegenüber zu tun hat. Es schwingt Entgegenkommen, Verträglichkeit und Verständnis mit. Manche Menschen meinen, sie würden durch Freundlichkeit Nachgiebigkeit oder Schwäche signalisieren. In Wirklichkeit ist Freundlichkeit ein freiwilliges Angebot und somit ein Zeichen von Selbstsicherheit und Stärke. Sie dient dazu einen allfälligen Stresspegel zu reduzieren, besonders in schwierigen Situationen. Sie hat nicht nur einen positiven Einfluss auf unser Gegenüber, sondern auch auf uns selbst.
In unserer Kindheit haben wir es erlebt. Den Körperkontakt mit der Mutter, ihre gedämpfte Stimme, das beruhigende Flüstern und Wiegen, das Singen eines Liedes, das uns mittlerweile vertraut war. Jeder weiß, wie Babys darauf mit Entspannung reagieren.
Freundlichkeit ist der Versuch uns als Freund darzustellen, variierend je nach dem Grad der Beziehung oder der Situation. Das sollte das Motiv sein und nicht der offenkundige Versuch einen Vorteil zu ergattern.

Widmen Sie sich, wenn auch nur für Sekunden, einem anderen Menschen.

Sie werden das Ergebnis Ihrer (keinesfalls überzogenen) Freundlichkeitsoffensive speziell dann beobachten können, wenn sie für den Adressaten überraschend kommt. Erfreuen Sie einmal die Frau, die schon 5 Stunden hinter der Fleischtheke im Supermarkt steht und sich trotz ihrer schmerzenden Füße für Sie bemüht, mit einem freundlichen Lächeln und mit einem gut vernehmlichen „Danke“ – verbunden mit Blickkontakt.
Fragen Sie den neuen Kollegen, ob Sie ihm einen Kaffee aus der Kaffeeküchen mitbringen sollen. Halten Sie der Nachkommenden, auch wenn sie noch ein paar Schritte entfernt ist, die Türe auf.
Machen Sie es zu Ihrer Gewohnheit sich in dieser Art zu verhalten und Sie werden feststellen, wie viele Türen Sie dadurch für sich öffnen. Es wird Ihnen gefallen jede positive Reaktion als persönlichen Erfolg zu verbuchen.

Das Servierpersonal in einem Speiselokal ausdrücklich zu loben, tut nicht weh. Ebenso wenig dem Buschauffeur statt eines fast unverständlich hingenuschelten Danks ein deutlich hörbares „sehr nett von Ihnen“ zu gönnen, weil er für Sie noch einmal die Bustüre geöffnet hat. Es wirkt, als würden Sie Schokolade verschenken. Sie werden als bemerkenswerte Ausnahme gelten in der großen Flut der Unaufmerksamen.

Auf der Webseite https://karrierebibel.de lesen Sie zu diesem Thema den originellen Satz:„Freundlichkeit ist im Alltag so selten geworden, dass es manche schon mit Flirten verwechseln“ (“Freundlichkeit lernen: 6 einfache Tipps – Karrierebibel”)

Freundlichkeit ist Aufmerksamkeit in kleinen Dosen.
Vor allem, ärgern Sie sich nicht, wenn Sie auf Leute stoßen, die nicht verstehen, was sie damit anfangen sollen. Solche Menschen können uns leidtun. Möglicherweise ist deren Empfänglichkeit für diese zwischenmenschlichen Gesten bereits von ihren eigenen Ängsten, Sorgen oder Depressionen weitgehend verschüttet. Sie müssen sich vielleicht an die rare Erscheinungsform der Freundlichkeit erst wieder gewöhnen.
Geben Sie nicht auf. Es lohnt sich.

Machen Sie sich selbst eine Freude und seien Sie freundlich!

© walterkrammer (wct)
Meinungsäußerungen an den Verfasser richten Sie bitte an krammer@wordcraft.at

 

 

 

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