| Der hörbar aufstöhnende Sportreporter, der miterlebt, wie sein Idol auf der Streif in „Rücklage“ geraten und dann spektakulär gestürzt ist (gemeint hat er natürlich Rückenlage) beschreibt, was sich niemand wünscht.
Vorsorge durch Rücklagen
Mit den wahren Rücklagen verhält es sich natürlich anders. Ob im Wirtschafts- oder Privatleben sind sie bei Gelegenheit oder planmäßig angelegte Reserven. Entweder ganz allgemein für „magere“ Zeiten oder für Projekte (privat ein tolles Ballkleid kaufen oder als Firma endlich den schon lange geplanten Geschäftsumbau in Angriff nehmen etc…).
Zum Zeitpunkt der Rücklagenbildung handelt es sich um eine Vorkehrung für ein Ereignis, das kommen kann oder sogar geplant ist, aber dessen finanziellen Umfang man noch nicht genau kennt und daher auch nicht exakt abschätzen kann. Als Unternehmer erleben wir sowohl die Anforderungen der privaten Sphäre wie auch die existenzsichernden Notwendigkeiten der Firma.
Auch wenn es schwerfällt, gilt es eine ungewisse Zukunft abzusichern.
Über Sinn und den Umfang von Reserven, die neben der Befriedigung des täglichen Ablaufs finanziert werden müssen, gibt es naturgemäß die unterschiedlichsten Auffassungen. Auf jeden Fall hängt die Schaffung solcher Reserven sowohl von der Risikoeinschätzung ab, wie auch von der Möglichkeit die entsprechenden Mittel zur Seite zu legen. Man muss es können und man muss es wollen.
Wenn wir uns auf staats- und gesellschaftsrelevante Organisationen konzentrieren, geht es meist um mitgliederreiche Vereinigungen wie Gewerkschaften, Kammern, Interessensgruppen, Krankenkassen, soziale und gemeinnützige Vereine oder auch NGOs. Manche von ihnen sind Gegenstand gesetzlicher Rahmenbedingungen und Beauftragungen (wie z.B. die Wirtschaftskammer Österreich) und/oder haben einen demokratischen Aufbau ihrer Strukturen.
An den Anfängen dieser Organisationen stand immer der Wunsch für die Mitglieder und ihre Anliegen überhaupt einen oder einen vermehrten Einfluss auf das wirtschaftliche, gesellschaftliche oder politische Leben im Staat zu gewinnen.
Verständlicherweise müssen die Mitglieder dafür einen fortlaufenden Beitrag bezahlen.
Der kann die allernotwendigsten Auslagen decken oder aber Spielraum geben für eine umfassende Betreuung der Mitglieder bis hin zur Bewältigung schwieriger Situationen im Zuge der Verteidigung von Mitgliederinteressen. Man denke nur an Streikfonds der Gewerkschaften. Die Vernachlässigung derartiger Notkassen kann die Organisation gerade im wichtigsten Augenblick schwächen.
Dies ist nicht im Interesse der Mitglieder, die sich gerade in schwierigen Zeiten auf „ihren“ Schutzschirm verlassen.
Von Zeit zu Zeit erhebt sich Kritik an der Höhe solcher Rücklagen. Nur gebe ich zu bedenken, dass z.B. teilweise kostspielige Versicherungsprämien – auch wenn sie formalrechtlich keine Rücklagen sind – einen Schutz vor Schadensfällen darstellen, deren Eintreten ungewiss ist.
Wesentlich ist das Verhältnis des Mitgliedsbeitrags zu dem, was dafür geboten wird. Die Fachgruppe der Wiener Handelsagenten mit rund 2000 Mitgliedern erhält vom Einzelunternehmer-Mitglied (ohne Zwang zum Eintrag in das Firmenbuch) 80.- EURO jährlich.
Gegenleistung ist die gesamte Servicepalette der Wirtschaftskammer Österreich und die zusätzlichen speziellen Angebote der Fachgruppe wie z.B. kostenlose Beratung in Rechts- und Steuerfragen, sowie Nutzung der weltweiten Vertretungsbörse.
Eine verantwortungsvolle Geschäftsführung hat in den seit fast 80 Jahren des Bestehens natürlich auch einen ausreichenden finanziellen Rückhalt für die Organisation geschaffen und dennoch den Mitgliedsbeitrag seit mehr als 10 Jahren nicht erhöht.
Soweit es in den Händen der von den Mitgliedern gewählten und im Amt befindlichen Funktionäre liegt, wird sich an dieser Konstellation auch nichts ändern.
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