Erboste Bürger. Und weswegen?

wordcraft.at / Punctum Saliens

Laut Umfragen ist die Hälfte der österreichischen Bevölkerung mit der politischen Landschaft, insbesondere mit der Regierung unzufrieden. Ein harter Kern der Unzufriedenen ist „richtig angefressen“

Die verantwortlichen Politiker wehren sich mit einer Liste, die etwa so aussieht:

Geerbte Probleme / Beispiellose Krisenfolge ohne Ende (Finanzkrise, Migrationsbewegungen, Corona, Ukrainekrieg) / Externe Herausforderungen, die Österreich entweder gar nicht oder keinesfalls allein lösen kann / Mangelnde Ressourcen / Zu geringe Zeitspanne, die für einzelne Problemlösungen zur Verfügung steht / Mangelnde Kompromissbereitschaft der maßgeblichen gesellschaftlichen Gruppierungen / Schwindende Loyalität zum Staat und seinen Einrichtungen / In anderen Ländern ist es auch nicht besser.

Bei den Bürgern kommt es aber als Konglomerat aus mangelnder Problemlösungskapazität, persönlicher Betroffenheit und verwirrender, diffuser Information aus allen möglichen Quellen an. Das ergibt ein raues, kritisches Explosivgemisch, mit dem die „Eliten“ zu kämpfen haben. Dazu gesellt sich in letzter Zeit der Zweifel, ob überhaupt für das politische Management  noch das Volk im Mittelpunkt steht, von dem lt. Verfassung die Macht ausgeht.

Die Wähler unserer Zeit wollen nicht machterhaltende Abstimmungsmaschine sein, sie erwarten von den Volksvertretern schlichtweg EMPATHIE und die Schaffung von Rahmenbedingungen für ein gerechtes, würdevolles und erfüllendes Leben. Wer das nicht in den Mittelpunkt seiner politischen Tätigkeit stellen will oder kann, muss die Bühne verlassen. Ist das zu viel verlangt?

Was schafft nun hauptsächliches Unbehagen? Was wirft „man“ der politischen Elite aller Couleurs vor?

 

Vorwurf 1

Zu wenig Vorausblick erzeugt, wenn es ernst wird, einen kaum zu bewältigenden Termindruck

 

Klimawandel

„Grenzen des Wachstums“ veröffentlichte der Club of Rome bereits 1972. 1979 konstituierten sich in Deutschland die „Urgrünen“ und sackten gleich 3% bei den Europawahlen ein. 4 Jahrzehnte reagierten durch Taten weder Politik noch das Volk.

Heute brennt der Hut. Energie, die aus der Erde gebuddelt werden muss, ist geächtet. Sie muss jetzt von einem Tag auf den anderen regenerierbar sein. Die Lieblingsform ist Elektrizität. Und zwar für alles. Das lässige Dahindösen in den letzten Jahren wird abgestraft. Eine Atempause bieten noch „green washed“ Atomenergie und Steinkohle.  Aber jeder erkennt die Schummelei aus einer Notlage.

 

Abhängigkeiten und mangelnder Vorrat

Energie für Produktion und private Bequemlichkeiten war – aus heutiger Sicht – immer billig und in Mengen verfügbar. Der Öl-Aufstand der OPEC in den 70er-Jahren wurde durch Dauerbevorratung abgeschmettert.

Billiges Gas aus Russland ließ die europäischen Industriestaaten und deren Margen florieren. Seit der freundliche Kaufherr im Kreml sich zu einem brutalen Kriegsherrn verwandelte, sucht man die Schuldigen für die allgemein offensichtliche Abhängigkeit. Das ist schon verwegen. Wer hätte es denn politisch überlebt, die Bevölkerung mit dem x-fach teureren Gas aus Norwegen zu versorgen? Und zwar mit dem Argument der damit erkauften Unabhängigkeit von Russland?

„ Krisen offenbaren eben Schwächen“ wiegelt der deutsche Vizekanzler Habeck ab.

Beim Staatsvolk kommt das gar nicht gut an. Weil „wozu halten wir uns denn das ganze Berater- und Beamtengewusel und die Politikergarde um teures Geld, wenn sie erst auf diese Weise auf die Schwachstellen unseres Staates stoßen?“ Zu erkennen, dass eine Abhängigkeit, gleichgültig von wem, ein Risikofaktor ist – dazu brauche man keine Matura.

 

Migration

Auch wenn es verschiedentlich anders dargestellt wird, haben die europäischen Länder ad hoc keinen Einfluss auf den bestehenden Migrationsdruck aus der ganzen Welt. Wenn 100 Millionen Afrikaner sich auf den Weg machen wollen, werden kurzfristig die europäischen Staatskanzleien an diesem Wunsch, der vielfältige Ursachen hat, nichts ändern können. Zäune errichten, das war’s dann!

Am liebsten würde man in der EU die Einwanderer handverlesen aussuchen, die aus demografischen Gründen eine Notwendigkeit sind. Tatsächlich tut sich die Behörde schon schwer diese von den Flüchtlingen zu unterscheiden.

Die europaweite Ratlosigkeit ist offensichtlich. Ebenso das Fehlen des gemeinsamen unbeugsamen Willens, für Europa eine tatsächlich umsetzbare, humane Vorgangsweise zu schaffen.

Das Problem wird also weiterbestehen und so manche europäische Regierung aus dem Amt jagen.

 

 

Vorwurf 2  (dem „Pater“ Habeck in Deutschland durch demütiges Gehabe begegnen will)

Schlechte Kommunikation

 

Die Bürger kennen sich nicht aus

Einfach ausgedrückt, reden diejenigen auch in der Öffentlichkeit kunterbunt durcheinander, von denen man verständliche und vor allem zuverlässige Erklärungen erwartet (Politik, Wissenschaft, Interessenvertreter).

Man weiß nicht, ist die Lage so bedrohlich wie sie dargestellt wird, oder nicht?

Trifft irgendjemand Vorkehrungen oder muss man das selbst tun? Sind die Maßnahmen und die damit verbundenen Einschränkungen überschießend oder vielleicht doch die letzte Rettung?

Unverhofft schützt man Deutschland vor radioaktiver Verstrahlung durch sofortiges Abschalten der meisten Atomkraftwerke, nicht viel später verleiht ihnen Brüssel das grüne Pickerl.

Die in Pension geschickten Kohlearbeiter horchen auf, weil der Pfui-Aspekt der Kohle plötzlich nur mehr für Braunkohle gilt. Steinkohle hingegen? Sauberer geht’s nicht!

 

Szenenwechsel Pandemie:

sind die „Demagogiesyndikate“ der Impfgegner rehabilitiert, weil nach Erreichung hochprozentiger Geimpftenzahlen schamhaft verbreitet wird, dass die Impfungen nur ein Wahrscheinlichkeitsschutz sind?

Ist der 4. Stich empfehlenswert oder nicht? Nicht unter 5 Jahren, nicht vor 6 Monaten nach der Erkrankung, nur die Vulnerablen, diese aber auch nach 4 Monaten und die 60+ nur, wenn sie keine Vorerkrankungen haben. Der Impfstoff muss von derselben Pharma-Firma stammen. Nein, Kreuzimpfungen sind wirkungsvoller.

Genialer Schluss aus dem Gesundheitsministerium: „Das muss jeder selbst entscheiden.“

Kurzum, wer hat da welchen „Stich“?

 

Vorwurf 3

Fehlen prioritärer Ziele und der dazu gehörenden Planung und Fristsetzung

 

Erweckungserlebnisse

Es vergeht kaum eine Woche ohne Pressekonferenz, auf der nicht ein Minister oder eine Ministerin freudestrahlend und mit einem Schuss Eigenlob brandneue Initiativen ankündigt. Förmlich ein Erweckungsblitz muss hier eingeschlagen haben.  Denn leider ruhen die der Lösung harrenden Probleme seit vielen Jahren in eben diesem Ministerium. Öffentliche Forderungen, die Minister oder Ministerin an sich selbst richten, sind wenig populär. Journalistenfragen nach dem Zeitpunkt der Umsetzung bleiben mit Rücksicht auf die kolossalen Schwierigkeiten unbeantwortet.

Weniger ankündigen, mehr erledigen – das würde die Menschen freuen.

 

Was wäre es mit einer ständig aktualisierten staatlicher To-Do-Liste?

Die Bürger erwarten, dass die Politik das Land nicht nur verwaltet.

In der heutigen Zeit muss es eine Webseite des Bundeskanzleramts mit den definierten Staatszielen, den definierten Umsetzungsschritten, den entsprechenden Fristsetzungen und den dafür geplanten Ausgaben geben. Das alles geordnet nach den Ministerien, die die Führungsverantwortung für die jeweiligen Themen haben. Zu dieser Webseite die Verpflichtung des Rechnungshofs dem Parlament regelmäßig Bericht zu erstatten.

Dazu gehört auch in geeigneter Weise die Darstellung, wo wir als Staat in der Umsetzung stehen (keine wolkigen Erklärungen, sondern Fakten). Dasselbe gilt selbstverständlich für die Bereiche der jeweiligen Landesregierungen.

Auf diese Weise würde man auch erfahren, was n i c h t zu den Zielen zählt, an denen gearbeitet wird.

 

Vorwurf 4

Das Wohl des Staates rangiert hinter dem Eigeninteresse der Parteien

 

Endlose Debatten dominieren TV, soziale Medien und Printorgane, welche Folgen wohl dieses oder jenes Vorkommnis in wirtschaftlicher bzw. politischer Hinsicht habe. Mit Erbitterung stellt dann der Bürger fest, dass im Vordergrund nur das Ranking im Machtspiel der Parteien steht, kaum das Wohl der Staatsbürger/ Steuerzahler.

Die Lösung wichtiger Probleme lässt vermutlich auf sich warten, weil Generalsekretäre und Spindoktoren der gerade federführenden Parteien ständig in Sorge um die alles entscheidenden Umfragewerte sind.

Als Staat brauchen wir aber Führung durch den Problemdschungel und nicht Poseure auf dem Boulevard, die damit auch noch Beliebtheitspunkte kassieren.

 

Vorwurf 5

Polarisierung durch Werte

 

Man kennt, was die Politikerreden und die entsprechenden Kommentare in den Medien uns ständig um die Ohren hauen: die Werte.

Wer politisch nicht weiter weiß, schlägt mit der Wertekeule um sich.

Alle ach so modernen, fortschrittlichen Genderfans, die im Bus der am Stock erkennbaren Gehbehinderten nicht ihren Sitzplatz überlassen, haben jede Glaubwürdigkeit eingebüßt. Es ist Unsinn ständig neue Werte zu erfinden, weil es zu schwierig ist, die vernünftigen alten einzuhalten. Falsch  gegenderte Diplomarbeiten zurückzuschmeissen hat noch keiner einzigen Supermarktkassierin zu einem besseren Gehalt verholfen. Oder anders ausgedrückt. Die Flucht aus der Sachpolitik in die Symbolpolitik hat noch nie Probleme gelöst, sondern immer welche geschaffen.

 

Die Aufzählung mag man beliebig fortsetzen. Das Volk ist verwirrt und aufgebracht. Angesichts der sichtbar werdenden Unzulänglichkeiten fürchtet es um den eigenen Lebensstandard und das Wohl seiner Nachkommenschaft. Hinterfotziges  Schlammcatchen der Parteien ist erwartungsgemäß nicht vertrauensfördernd.  

Eine versagende politische Mitte überlässt die Wähler den Rändern des politischen Spektrums.

 ©walterkrammer(wct)

Auf Ihre Meinung sind viele Menschen gespannt!

Mit erwartungsvollen Grüßen
– Ihr Walter Krammer

Walter Krammer Signature

2 Kommentare. Leave new

  • Nach dem Lesens dieses Artikels, und vor allem der Überschrift, habe ich darüber nachgedacht, ob ich nun auch ein erboster Bürger bin? Ich denke schon, oder sagen wir: zumindest enttäuscht.

    Grundsätzlich stimme ich der Tatsache zu, dass wir (bzw. die Politik) es wirklich mit einer Reihe an Herausforderungen zu tun haben, die wiederum die Politik in der täglichen Arbeit tw. schwer behindern. Krisen ohne Ende: ja! Externe Herausforderungen: natürlich! Zu wenig Zeit: auf jeden Fall! Mangelnde Kompromissbereitschaft: absolut! Schwindende Loyalität zum Staat: das ist interessant, und vor allem brisant – ja ich denke das ist wohl eines der grössten Probleme, das all die anderen eigentlich in den Schatten stellt. Warum werde ich speziell in Punkt 2 erläutern.

    Warum bin ich nun enttäuscht (wohlgemerkt von der Politik)? Im Wesentlichen geht es mir hier um 2 Enttäuschungen:

    Enttäuschung Nr. 1
    Die momentane Regierung, und Nehammer als unser Kanzler persönlich (den ich jedoch sehr schätze als Politiker), zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass er kein Ziel hat. Oder besser gesagt, er möge vielleicht ein Ziel haben, aber kommuniziert es nicht adäquat. Das resultiert darin, dass sich die Bürger schlicht und einfach nicht auskennen. Im letzten Jahr unter der Kanzlerschaft Nehammer’s ist in Wirklichkeit sehr viel passiert: Pandemiehilfen, Abfederung der Teuerung, Abschaffung der kalten Progression, und einiges mehr, also Dinge die eine Regierung zu früheren Zeiten nicht in der Form stemmen musste. Und Nehammer agiert in meinen Augen als guter Krisenmanager. Ruhig und bedacht! Aber: er schafft es nicht das – wie sein Vorgänger – so zu kommunizieren, dass die Menschen in diesem Land sich in Ruhe und Sicherheit wiegen dürfen und alle ein gemeinsames Ziel (das es gilt zu definieren!) vor Augen haben. Schade! Vielleicht hat er die Biografie von Sebastian Kurz noch nicht gelesen?

    Das bringt mich zum 2. Punkt, der eigentlich in seinem Kern verheerend ist.

    Enttäuschung Nr 2
    Krisen sind immer ein Nährboden für populistische Gruppierungen. Sie nutzen die Unsicherheit und die Ängste der Menschen dazu, um politisches Kapital zu schlagen. Je länger eine Krise anhält – und das zeigen historische Vergleiche – nimmt die Loyalität zur führenden Partei ab, und im Gegenzug steigt die Zustimmung zu (rechts)populistischen Parteien, die wie wir wissen mit der Angst spielen. Das sieht man deutlich auch hierzulande. Es sind vor allem Parteien, die die Grundpfeiler der Demokratie nicht anerkennen oder zumindest in Frage stellen. Anzeichen dazu gibt es zur Genüge: Hinterfragen des Demonstrationsrechtes (siehe Corona Pandemie), der Vorwurf angeblich ungerechtfertigter Meinungsmache durch Medien (siehe dauerhafter Konflikt ORF vs. FPÖ), das Aussprechen von Empfehlungen betr. schliessen von Grenzen oder Austritt aus EU, und die Liste lässt sich lange fortsetzen. All das kennen wir, das passiert fast täglich, wir hören es, nehmen es war, und gehen wieder zur Tagesordnung über. Nur eines vergessen wir: dass all dies klare Indikatoren sind für eine langsame und stetige Zersetzung der Demokratie. Hier gilt es Einhalt zu gebieten, und zwar besser heute als morgen. Ich bin mir sicher, den regierenden und doch momentan so unbeliebten Regierungsparteien ist das bewusst und sie wissen – theoretisch – von der Gefahr. Und daher meine Frage: Warum machen sie nichts dagegen? Setzen das Segel in den Gegenwind und holen mit adäquater Kommunikation, mit der Definition von langfristigen Zielen und der in Schach-Haltung von populistischen Denkweisen einen Rammbock den Widersachern entgegen? Das dies nicht geschieht, darüber bin ich dermaßen enttäuscht, dass es mir schwerfällt zu glauben, dass wir offenbar aus der Geschichte rein gar nichts gelernt habe wollen. Ich sage es nochmals: ich bin der Meinung die Demokratie steht auf dem Spiel, wenn auch erst am Anfang!

    Warum überlässt unser Kanzler dieses Spielfeld so einfach diesen gefährlichen Strömungen? Hat jemand noch die Vranitzky Doktrin in Erinnerung? Es wäre an der Zeit diese wieder aufzuwärmen, mit aller Härte. Rechtspopulistischen Parteien gegenüber ist massiver Widerstand anzusagen, und zu einem gewissen Maß auch Ausgrenzung oder zumindest taktische Schwächung. Das kostet womöglich Wählerstimmen, schafft aber Abgrenzung und eine Basis für klare Ziele.

    Ich glaube persönlich, dass unser Kanzler Nehammer das Zeug dafür hat, eine solche wichtige und klare Abgrenzung zu schaffen, das Problem der Loyalität wieder in den Griff zu bekommen, und ein klares Ziel zu definieren. Ich hoffe er ist sich der Wichtigkeit des Problems bewusst und agiert rasch und bald, um hoffentlich in Zukunft zu verhindern, dass solche Blogs geschrieben werden müssen.

    Antworten
  • René Stary
    2. November 2022 1:39

    Salve
    Es braucht „mehr Ehrlichkeit“, mehr Umsetzung und weniger PR Gags (Stichwort Pflegereform, die ist ein einziger PR Gag). Und ja, eine Regierung ist FÜR das Volk da und ned nur für die eigenen Wähler.
    Zu diversen Krisen; der „Billa Hausverstand“ fehlt leider…. für 1 TW mit dem Privatjet ins Ausland fliegen kann ned gut ankommen 😉
    Und solange man eine Politikerrotation hat, die auf den Hauptrotor eines Hubschraubers erinnert, wird es mit dem Vertrauen in die Politik ned besser….

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